Anlieger frei: Wann darf ich durchfahren?
Was bedeutet „Anlieger frei“?

Das Zusatzzeichen „Anlieger frei“ befindet sich üblicherweise unter Verkehrszeichen, die ein Durchfahrtsverbot für Fahrzeuge anordnen. Besonders häufig tritt es in Kombination mit dem Zeichen 250 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“) auf, wodurch die Straße für den allgemeinen Durchgangsverkehr gesperrt ist. In diesem Fall dürfen nur Anlieger mit berechtigtem Anliegen die Straße befahren.
Diese Regelung wird häufig in Wohngebieten, verkehrsberuhigten Zonen, Fußgängerzonen oder an Zufahrten zu privaten Grundstücken eingesetzt. Ihr Zweck ist es, unnötigen Verkehr zu reduzieren, Anwohner zu entlasten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Dieser erlaubt es den Verkehrsbehörden, Straßenabschnitte durch Verkehrszeichen zu beschränken oder zu sperren, um den Anliegerverkehr zu regulieren oder sicherzustellen.
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Wer gilt als Anlieger?
Häufig wird „Anlieger“ mit „Anwohner“ verwechselt – doch das ist falsch.
- Anwohner: Personen mit Hauptwohnsitz in der Straße.
- Anlieger: Alle mit berechtigtem Anliegen, z. B. Besucher, Kunden oder Lieferanten.
Eine gesetzliche Definition gibt es nicht, aber laut BGH-Urteil (9.7.1965, Az. 4 StR 191/65) zählt jede Person als Anlieger, deren Anliegen mit einem Grundstück in der Straße verbunden ist.
Dazu gehören:
- Bewohner & Besucher (auch wenn der Besuchte nicht zu Hause ist)
- Abhol- & Bringdienste (Taxis, Privatfahrzeuge)
- Kunden, Lieferanten, Dienstleister (Handwerker, Immobilienmakler, Pflegedienste)
- Mitarbeiter & Geschäftsinhaber
- Rettungsdienste & Behördenvertreter (Feuerwehr, Polizei, Gerichtsvollzieher)
- Post-, Paket- & Lebensmittellieferanten
- Teilnehmer von Veranstaltungen in der Straße
Anlieger dürfen die Straße nur so lange nutzen, wie ihr Anliegen besteht. Bewohner haben uneingeschränktes Nutzungsrecht. Wer die Straße nur als Abkürzung nutzt oder keinen Bezug zu einem Grundstück hat, begeht einen Verstoß und riskiert ein Bußgeld.
Gilt „Anlieger frei“ auch für Fahrradfahrer, E-Scooter und Fußgänger?
Auch Fahrradfahrer und E-Scooter-Fahrer dürfen eine Straße mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ nur dann nutzen, wenn sie ein berechtigtes Anliegen haben. Sie unterliegen denselben Regeln wie andere Fahrzeuge und dürfen die Straße nicht als Abkürzung nutzen, wenn sie keinen Bezug zu einem Grundstück oder einer Einrichtung in der Straße haben.
Wenn an einer Fahrradstraße das Zusatzschild „Anlieger frei“ angebracht ist, dürfen Radfahrende sie trotzdem jederzeit nutzen. Gleiches gilt für E-Scooter und andere Elektrokleinstfahrzeuge, die gemäß § 10 eKFV vorrangig Fahrradstraßen und Radwege nutzen müssen, sofern diese vorhanden sind.
Wenn das Verkehrszeichen 254 („Verbot für Radverkehr“) aufgestellt ist, gilt ein absolutes Fahrverbot für Fahrräder und E-Scooter. Das Verbot besteht unabhängig davon, ob ein Zusatzschild „Anlieger frei“ angebracht ist. Auch Personen mit einem Anliegen dürfen die Strecke nicht mit dem Fahrrad oder E-Scooter nutzen.
Übrigens: Fußgänger sind von der Regelung grundsätzlich ausgenommen und dürfen „Anlieger frei“-Straßen immer betreten, da solche Verkehrsverbote nur für Fahrzeuge gelten.
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Darf man in einer „Anlieger frei“-Straße parken?

Grundsätzlich dürfen Fahrzeuge in einer „Anlieger frei“-Straße nur während der Dauer ihres berechtigten Anliegens parken. Besucher, Kunden oder Lieferanten können ihr Fahrzeug während ihres Aufenthalts abstellen, müssen es aber entfernen, sobald ihr Anliegen entfällt. Dauerparken ist nicht erlaubt. Wer ohne berechtigtes Anliegen parkt, riskiert ein Bußgeld oder das Abschleppen.
Für Bewohner der Straße gilt: Sie dürfen grundsätzlich parken, da ihr Anliegen dauerhaft besteht. Allerdings gibt es in manchen Straßen gesondert ausgewiesene Anwohnerparkplätze, die nur mit einem gültigen Bewohnerparkausweis genutzt werden dürfen. Wer einen Anwohnerparkplatz ohne Berechtigung nutzt, muss ebenfalls mit einem Bußgeld oder dem Abschleppen rechnen.
In welchen Fällen gelten für ‚Anlieger frei‘ besondere Regeln?
Sonderfälle wie Fahrradstraßen, Sackgassen oder unbebaute Grundstücke können spezielle Regelungen beinhalten:
Fahrradstraßen: Fahrradstraßen sind vorrangig für den Radverkehr vorgesehen. Kraftfahrzeuge dürfen eine Fahrradstraße mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ nur befahren, wenn sie ein berechtigtes Anliegen haben. Dabei darf der Vorrang des Radverkehrs weder beeinträchtigt noch eingeschränkt werden
Sackgassen: Das Verkehrszeichen „Sackgasse“ (Zeichen 357) stellt kein Durchfahrtsverbot dar, sondern weist lediglich darauf hin, dass die Straße keinen durchgehenden Verkehr ermöglicht. Ist zusätzlich das Schild „Anlieger frei“ vorhanden, bedeutet dies, dass an einer bestimmten Stelle ein Verkehrsverbot für Nicht-Anlieger besteht. Nicht-Anlieger dürfen die Straße nur bis zu diesem Punkt befahren, jedoch nicht darüber hinaus.
Unbebaute Grundstücke: Auch Straßen, die zu unbebauten Grundstücken führen, können mit dem Zusatzzeichen „Anlieger frei“ versehen sein. In diesem Fall dürfen Eigentümer und berechtigte Nutzer (z. B. Landwirte, Bauunternehmen, Pächter) die Straße befahren. Besucher dürfen das Grundstück nur dann anfahren, wenn der Eigentümer dies ausdrücklich oder stillschweigend erlaubt.
Welche Strafen drohen bei unbefugten Befahren?
Wer in eine mit dem Zusatzzeichen „Anlieger frei“ gekennzeichnete Straße einfährt, muss im Falle einer Kontrolle einen berechtigten Anlass nachweisen können (z. B. durch einen Terminzettel eines Arztes oder einen amtlichen Ausweis mit entsprechender Adresse). Personen, die unberechtigt in eine solche Straße einfahren, müssen mit einem Bußgeld rechnen.
Delikt | Strafe |
Hinweis: Die genannten Bußgelder und Regelungen basieren auf dem aktuellen Bußgeldkatalog und allgemeinen Verkehrsbestimmungen. Je nach Bundesland oder konkretem Einzelfall können Abweichungen auftreten. Für verbindliche Informationen empfiehlt es sich, die zuständige Behörde oder einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu konsultieren.
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