Richtgeschwindigkeit und digitale Tempolimits: Woran muss man sich auf Autobahnen halten?
Auf Autobahnen werden Geschwindigkeitsbegrenzungen durch Verkehrszeichen sowie durch mechanische oder digitale Wechselverkehrszeichen angezeigt. Gibt es keine angezeigte Höchstgeschwindigkeit, gilt die Richtgeschwindigkeit.
Bei einer Höchstgeschwindigkeit handelt es sich um eine gesetzliche Begrenzung der Geschwindigkeit. Wer sie übertritt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss zumindest ein Bußgeld erwarten. Bei der Richtgeschwindigkeit handelt es sich hingegen um eine Empfehlung, deren Übertreten bei normalen Fahrtverlauf nicht geahndet wird.
Höchstgeschwindigkeit: Statische Verkehrszeichen oder Wechselverkehrszeichen
Wenn es definierte Höchstgeschwindigkeiten gibt, dann werden sie auf Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen mit einem Verkehrszeichen angezeigt. Dieses befindet sich am rechten Fahrbahnrand und gilt für alle Fahrstreifen. Wenn ein Verkehrsschild nur für einzelne Fahrstreifen gilt, wird dies über ein zusätzliches Infoschild über dem Verkehrsschild angezeigt.
Bei Wechselverkehrszeichen handelt es sich um mechanische und digitale Verkehrsschilder, die flexibel eingesetzt werden können. Sie zeigen insbesondere bei Stau, Unfällen oder schlechter Witterung temporäre Geschwindigkeitsbegrenzungen und andere Verkehrsregelungen an. Sie haben Vorrang vor den allgemeinen Verkehrsregeln und den statischen Verkehrszeichen.
Die häufigsten Wechselverkehrszeichen sind diese:
- Digitale LED-Bildschirme: Sie werden oft an sogenannten Schilderbrücken über der Fahrbahn angebracht. Dort erhalten Autofahrer aktuelle Informationen zur Verkehrslage und Witterung. Außerdem werden dort Geschwindigkeitsbegrenzungen angezeigt.
- Mobile Verkehrsschilder: Sie werden häufig auf Baufahrzeugen angebracht, um auf Baustellen hinzuweisen und eine Geschwindigkeitsbegrenzung anzugeben.
Durch die hohe Flexibilität tragen die Wechselverkehrszeichen dazu bei, den Verkehr durch schnelle Anpassungen dynamisch zu halten und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu erhöhen.
Wie funktioniert die Beweisbarkeit bei digitalen Tempolimits?
Kommt es beispielsweise durch einen Unfall zu einem Stau, kann auf Strecken ohne Geschwindigkeitsbegrenzung über die digitalen Anzeigetafeln ein Tempolimit angezeigt werden. Was aber, wenn Sie gerade in dem Moment, in dem die Anzeige wechselte, an ihr vorbeigefahren sind und diesen Hinweis nicht lesen konnten? Können Sie dann bei einer Verkehrskontrolle mit einem Bußgeld bestraft werden? Tatsächlich sind die Ordnungsbehörden in der Pflicht, das Vergehen nachzuweisen. Dazu werden die digitalen Anzeigen vollständig und beweissicher protokolliert. So lässt sich im Nachhinein auswerten, ob Sie unter den gegebenen Umständen die Anzeige gesehen haben müssen.
Was ist die Richtgeschwindigkeit?
Die Richtgeschwindigkeit ist ein Wert für die Geschwindigkeit, die auf Straßen ohne einzuhaltende Höchstgeschwindigkeiten empfohlen wird. In Deutschland beträgt die Richtgeschwindigkeit für alle Kraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht bis zu 3,5 t 130 km/h, wenn sie nicht durch Verkehrszeichen, Wechselverkehrszeichen oder schlechte Witterung begrenzt wird.
Für die Richtgeschwindigkeit ist keine Beschilderung vorgesehen, denn sie ergibt sich automatisch durch das Fehlen anderer Hinweisschilder für eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit. Jedoch wird an vielen Grenzübergängen mit dem Schild 393 auf die Richtgeschwindigkeit hingewiesen, damit sich Einreisende mit der deutschen Regelung vertraut machen können.
Wo gilt die Richtgeschwindigkeit?
Die Richtgeschwindigkeit gilt auf allen Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften, wenn es keine anderen Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt.
- Autobahnen (Verkehrszeichen 330.1)
- außerhalb geschlossener Ortschaften: Straßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind
- außerhalb geschlossener Ortschaften: Straßen, die mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung (Verkehrszeichen 295) oder durch Leitlinien (Verkehrszeichen 340) markierte Fahrstreifen für jede Richtung haben
Unabhängig davon ist es jedoch wichtig, die Geschwindigkeit bei ungünstigen Straßen-, Wetter-, Sicht- und Verkehrsverhältnissen selbstständig anzupassen, da dies gemäß § 3 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Pflicht ist.
Alle Empfehlungen zur Richtgeschwindigkeit sind in der „Verordnung über eine allgemeine Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen und ähnlichen Straßen“ (Autobahn-Richtgeschwindigkeits-V) geregelt.
Welche Bußgelder drohen beim Überschreiten der Richtgeschwindigkeit?
Da es sich bei der Richtgeschwindigkeit um eine Empfehlung handelt, steht auf das Überschreiten kein Bußgeld und auch keine Punkte in Flensburg. Kommt es jedoch zu einem Unfall, droht eine Mithaftung von mindestens 20 Prozent, wenn der Unfall durch das Einhalten der Richtgeschwindigkeit hätte verhindert werden können.
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